Drachenkampf

 Drachenkampf

(Die Ebene der Sechs Türme)

           von Uwe Vitz


Ein riesiger Drache belagert Burg Schwarzenstein ", berichtete der Wanderer.

" Er hat schon dutzende von Rittern verschlungen. Wenn nicht bald Hilfe kommt, wird sich die schöne Tochter des Grafen Friedmann dem Ungeheuer opfern müssen. "

" So eine Bestie ", meinte der Herzog Lionos grimmig.

" Schrecklich ", sagte seine Gemahlin Amalia.

" Und es scheint keine Hilfe mehr zu geben, beim nächsten Vollmond muß sich die Prinzessin opfern.. "

Der jüngste Sohn des Herzogs, Jung-Seyfried hörte all dem schweigend zu.

*

" Das ist meine Chance " ,sagte Seyfried später begeistert. " Euer Vater läßt mich hängen  ", unkte Bruno verzweifelt.

" Ach Unsinn, mein Bruder erbt später das Herzogtum, ich muß also früher oder später als Ritter mein eigenes Reich erobern.

Welche bessere Chance könnte ich mir wünschen? Ich muß nur einen Drachen erschlagen, dann habe ich die schöne Grafentochter und bin später Graf von Schwarzenstein. "

" Dieser Drache soll aber verdammt groß sein " ,wandte Bruno ein.

" Drachen sind zum Erschlagen da ",erklärte Jung-Seyfried einfach.

" Wenn das der Drache bloß einsieht  ", sagte Bruno.

Sehr widerstrebend besorgte er Seyfried ein Roß und Waffen.

Der Jüngling dankte dem treuen Knappen und verließ heimlich die Burg.Um nach Burg Schwarzenstein zu gelangen, musste Seyfried drei Tage lang durch mehre Fürstentümer reiten oder nur einen halben Tag durch den Schwarzen Steinwald.


**


Der Schwarze Steinwald hatte seinen Namen wegen der bizarren schwarzen Felsen, die in diesem dunklen Wald standen.

Die abergläubische Bevölkerung hatte manche Sage um dem Wald gesponnen; es hieß eine gefährliche Hexe würde in dem Wald hausen.

Nun Jung-Seyfried kam jede Gefahr gerade recht.

Er ritt natürlich genau in diesen Wald hinein.

Schließlich wusste er, jede Sage hat einen wahren Kern.

Der wahre Kern der Hexensage vom Schwarzen Steinwald hieß Ophilia. Sie war eine Hexe.

Und was für eine. Sie war siebenhundertfünfundachtzig Jahre alt und noch immer fast ganz beieinander

- na ja, die paar Zähne, die ihr in den letzten zweihundert Jahren ausgefallen waren,

die paar Zentimeter die sie in den letzten dreihundertfünfzig Jahren geschrumpft war,

was machte das schon bei einer wahren Hexe aus?

Seit ihr allerdings der letzte Zahn ausgefallen war,hatte sie ihre Eßgewohnheiten ganz schön ändern müssen.

Früher hatte sie sich vor allem von kleinen, unvorsichtigen Kindern ernährt,und zu diesem Zweck hatte sie sogar damals ihre berühmtes Knusperhäuschen gebaut,

ganz aus leckeren Lebkuchen und Schokolade.

ber eines Tages hatten zwei ganz besonders unartige Kinder sie in ihren eigenen Ofen gestoßen

und versucht, sie selbst darin zu braten.

Die Hexe hatte es gerade noch geschafft, sich in eine schwarze Rauchwolke zu verwandeln und zum Ofenrohr herauszufahren.

Wochenlang hatte der Wind sie hin und her geweht, ehe es der völlig zermürbten Hexe gelang, wieder Menschengestalt anzunehmen.

Damals hatte sie die Kinderfresserei wegen der allzu großen Gefahren aufgegeben. Die Jahrhunderte waren ins Land gegangen,und Ophila hatte auch keinen Kontakt mehr zu den anderen Hexen, Magiern, Zauberern und Schwarzmagiern der Ebene gepflegt,

denn das viele Getratsche auf solchen Hexentreffen ging ihr einfach auf die Nerven.

Überhaupt hatte sie es aufgegeben, sich mit anderen Leuten zu unterhalten, nach siebenhundertfünfundachtzig Jahren weiß man einfach,

dass die meisten Leute ehr nur blödes Zeug reden.

Heute lebte sie zufrieden in ihrem Schwarzen Steinwald, ernährte sich von Haferbrei, erschreckte ab und zu einen einsamen Wanderer und wartete darauf, was die nächsten Jahrhunderte ihr bringen mochten.

In ihrer Wohnhöhle hörte sie sofort,dass ein einzelner Reiter durch den Schwarzen Steinwald ritt.

Endlich mal wieder jemand zum Erschrecken!

Wenigstens das hatte sich Ophilia von der Zeit nicht nehmen lassen.

Da gab es noch diesen ausgezeichneten Illusionszauber..


***


Jung-Seyfried ritt fröhlich durch den unheimlichen Wald,da hörte er ein seltsames Grollen.

Er zügelte sein Streitross und blickte erstaunt in jene Richtung, aus der das Geräusch kam.

Ein gewaltiger Bergriese, von solchen Wesen erzählten heute nur noch die Legenden, stand dort und drohte ihm mit einer Keule,

die noch größer schien als der Riese selbst.

Aber Seyfried ging eben keiner Herausforderung aus dem Weg.

Mit einem begeisterten Kampfschrei zog er sein scharfes Schwert und stürmte los

Der Riese hielt verdutzt inne, als der Reiter auf ihm losstürmte, anstatt zu fliehen.

Und Seyfried schrie entsetzt auf, als er durch den Riesen hindurch ritt, anstatt gegen ihn zu prallen.

Sein Schwert schlug zu, ohne dass er begriff, nach was er schlug.

Eine Sekunde später war der Bergriese verschwunden, und Seyfried sah erstaunt auf ein riesiges Wespennest, dass er in zwei Teile gespalten hatte.

Die Wespen sahen gar nicht erstaunt einen jungen Ritter und eine uralte Hexe, die hinter ihm verängstigt im Gebüsch hockte.

Mit einem wütenden Summen gingen die Wespen zum Angriff über.

Wild mit den Armen um sich schlagend sprang die Hexe Ophila davon.

Seyfried, wegen seiner Rüstung etwas besser geschützt, gab seinem Pferd die Sporen.

Die Wespen berieten sich kurz, wem von beiden Nestzerstörern sie hinterher fliegen sollten und rasch bildeten sich zwei neue Staaten:

Die Rechtswespen und die Linkswespen.

Zum Glück erklärten sich die beiden Wespenvölker während der Beratung gegenseitig den Krieg und als dieser vorbei war,

waren die beiden Nestzerstörer schon außer Reichweite der wütenden Wespen.

Die Hexe Ophila beschloß klugerweise, dieses Jahr diesen Teil des Waldes zu meiden, und Seyfried beschloss ebenso klug, rasch nach Burg Schwarzenstein zu reiten,

- Drachen waren ihm lieber als Wespen.


***


Burg Schwarzenstein war ein schöner Anblick:

Groß, aber noch hübsch mit sechs Türmen und vielen bunten Fahnen.

So sollte eine Burländische Ritterburg aussehen.

Auf einer Anhöhe zügelte Seyfried sein Pferd und blickte zu der Feste.

Vor der Burg auf einer Wiese lag der Drache.

Welch ein Ungeheuer!

 Ein schwarzer Lindwurm,

so abgrundtief häßlich,daß allein sein Anblick schon die Natur beschmutzte.

Den Gestank von Pech und Schwefel konnte man noch Meilen entfernt riechen.

" Tod dem Drachen! "; rief Seyfried und zog sein Schwert.Er stürmte auf seinem Streitroß wie ein Racheengel herbei.

Der Drache blickte ihn aus rot glühenden Augen gelangweilt an und blies träge eine Rauchwolke aus seinen Nüstern.

Seyfried ließ sein Schwert auf den Schädel des Untiers sausen und stürzte durch den eigenen Schlag vom Pferd.

Denn seine Klinge war von der Haut des Drachens abgeprallt,

als sei sie ein Holzknüppel! Aber Seyfried sprang sofort wieder auf und ergriff sein Schwert mit beiden Händen.

Voller Wut schlug er auf den Drachen ein , aber das furchtbare Ungeheuer begann sogar zynisch zu grinsen.


" Ungeheuer! Scheusal! Jungfrauenfresser! Steuereintreiber! "


Die letzte Beleidigung schien dem Drachen übertrieben, er gab Seyfried einen Stoß, der ihn in ein nahes Gebüsch beförderte.

" Hallo. ich darf Euch gratulieren, Ihr seid Nummer Fünf. " sagte jemand hinter dem benommenen Jüngling.

Seyfried wandte sich um und stöhnte entsetzt auf.

Hinter ihn stand ein Zwerg mit einem roten Umhang, einer Goldkette um den Hals,

lockige grauen Haaren auf dem Haupt und einem mächtigen grauen Schurrbart.

" Ein Sechsberger " ,keuchte Seyfried entsetzt.

" Tja, so nennt ihr Großen uns ", sagte der Zwerg freundlich und drückte dem jungen Helden einen Pokal in die Hand.

` HELD NUMMER FÜNF´ stand dort auf Westanisch eingraviert.


" Das ist das Ende. erkannte Seyfried resigniert.

" Aber nicht doch. " tröstete der Zwerg." Das ist der Anfang einer langen und wunderbaren Freundschaft. "

Der Sechsberger ging furchtlos zu dem Drachen und öffnete eine Klappe zwischen den Augen des Ungeheuers.

Seyfried sah verbittert einen Haufen Zahnräder und Drähte.

Der grinsende Zwerg betätigte einen Hebel irgendwo zwischen den Drähten und der Drache sank leblos in sich zusammen.

" So eine Scheußlichkeit können sich nur Sechsberger ausdenken. " sagte Seyfried wütend.

" Wer sonst? ", fragte der Kleine und ging grinsend zu dem jungen Recken und gab ihm eine Karte.

" Bitte schön. " sagte er.


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Seyfried sprang auf.

Außer sich vor Wut verfluchte er den Sechsberger,

den Drachen, die Wespen und alle Werbeleute dieser Ebene.

Empört ritt er davon, um endlich irgendwo ein echtes Abenteuer zu erleben.

" Hey, bleibt doch! "rief der Sechsberger hinter ihm her.

" So günstig kommt Ihr nie mehr an einen eigenen Drachen,

über den Preis können wir ja noch reden! "

ENDE

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